Cultural Fit

Die große Lüge der Unternehmenskultur

Im Bewerbungsprozess beschreiben viele Unternehmen ihre Kultur in den schillerndsten Farben. Für neue Mitarbeiter folgt dann mitunter ein böses Erwachen. Lügen auch Sie bei Ihrer Unternehmenskultur? Das könnte schlimme Folgen haben.

Unternehmenskultur und Cultural Fit

Hip, agil, innovativ: Was im Bewerbungsgespräch verkauft wird, hat mit der Realität oft wenig zu tun …

Und weg war er, der neue Vertriebsleiter. Und das nach nur zwei Monaten. Woran lag‘s? Schließlich waren die fachlichen Skills des Sales-Managers hervorragend, seine Referenzen tadellos. „Im Bewerbungsgespräch präsentieren die meisten HR-Manager die Wunschkultur des Unternehmens – auch wenn die mit der Realität gar nicht übereinstimmt“, weiß Autor Frank Rechsteiner, der sich für sein Buch „Kulturbasiertes IT-Recruiting“ intensiv mit dem Thema Cultural Fit auseinandergesetzt hat.

Frank Rechsteiner über den Cultural Fit

Recruiting-Experte Frank Rechsteiner beschäftigt sich intensiv mit dem Cultural Fit im IT-Arbeitsmarkt. Dafür hat er mehrere Studien durchgeführt.

„Dann ergreifen neue Mitarbeiter nach kurzer Zeit die Flucht, weil die Unternehmenswerte nicht zu ihren eigenen gepasst haben und die Erwartungen, die im Bewerbungsprozess geschürt wurden, nicht erfüllt wurden.“ Dabei müssten Unternehmen beim Recruiting nur ein paar simple Denkfehler vermeiden.

Denkfehler 1: Den Kandidaten zu überzeugen, ist das allerwichtigste

„Unternehmen konkurrieren um hochqualifizierte Arbeitnehmer.“ Um sie zu überzeugen, wolle man alle Register ziehen und das eigene Unternehmen im besten Licht präsentieren. Eine regelrechte „Vertriebsmentalität“ legen manche HR-Manager dabei an den Tag, so Rechsteiner. Aber dieser Schuss kann nach hinten losgehen. Denn wenn der Cultural Fit nicht passt, wird die Zusammenarbeit nicht von Dauer sein. Und das wird teuer. Die Kosten für die Fehlbesetzung einer Führungskraft kann schnell 150.000 Euro ausmachen.

Denkfehler 2: Wenn die Skills passen, passt auch der Rest

„Früher wurde ein klassisches Skill-Matching betrieben“, erklärt Rechsteiner. Heute wisse man, dass die kulturelle Komponente ebenso wichtig ist. „Doch die meisten legen ihr Hauptaugenmerk immer noch auf die fachlichen Qualifikationen eines Kandidaten.“ Ob er auch die Unternehmenswerte teilt und sich ins Team einfügt, bleibt zweitrangig.

Denkfehler 3: Die Unternehmenskultur muss vom Management definiert werden

„Oft ist dem Top-Management gar nicht klar, wie die Unternehmenskultur in der Praxis gelebt wird“, sagt Rechsteiner. „Führungskräfte haben irgendwann einmal die Mission und Vision des Unternehmens definiert – aber ob sich der normale Mitarbeiter damit identifiziert, bleibt ein großes Fragezeichen.“ Wichtig sei daher eine Einbindung der Belegschaft. Denn nur so werde die Unternehmenskultur auch von allen geteilt und verinnerlicht.

Zur authentischen Unternehmenskultur in 3 Schritten

Damit neue Mitarbeiter langfristig bleiben, muss die Unternehmenskultur authentisch nach außen kommuniziert werden. Nicht in einer bonbonrosa Wunschverpackung. Sondern klar und reflektiert. Manchmal müsse man auch eine neue Kultur entwerfen, so Rechsteiner. „Dabei gibt es zwar keine Quick-Wins, doch die Vorteile sind nachhaltig.“ Denn nur mit einer transparenten IST-Kultur sei erfolgreiches Recruiting möglich.

Reflektieren Sie: Wie bin ich?

Seien Sie kritisch und vor allem ehrlich mit sich selbst. Wie wird die Unternehmenskultur bei Ihnen gelebt? Wie arbeiten die Mitarbeiter? Welche Werte werden groß geschrieben?

Beziehen Sie das Team ein

Holen Sie sich Feedback! Finden Sie heraus, welche Werte für Ihr Unternehmen wichtig sind und formulieren Sie diese. Sorgen Sie dafür, dass die Wertvorstellungen offen kommuniziert und verstanden werden.

Mit gutem Beispiel voran

Als Führungskraft haben Sie die Aufgabe, die Unternehmenskultur jederzeit nach außen zu tragen. Sie vorzuleben und zu prägen. Gehen Sie also mit gutem Beispiel voran, zeigen Sie, was Ihr Unternehmen ausmacht. Beim nächsten Bewerbungsprozess überzeugen Sie Kandidaten mit links.



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