Führungskraft auf Bewährung

Die ersten 100 Tage im neuen Job – und wie sie zum Erfolg werden

Im Schnitt wechseln Senior Professionals alle 2,4 Jahre ihre Stelle. Das ergab eine Studie von Experteer. Und ob der Wechsel ein Erfolg war, entscheidet sich in der Regel in den ersten Wochen im neuen Job. Denn jetzt geht es nicht mehr darum, wie Sie sich im Bewerbungsgespräch verkauft haben oder welche schlagkräftigen Argumente Ihr Lebenslauf bereithält.

Sie stehen jetzt unter Beobachtung und wandern auf einem schmalen Grat zwischen Adaption an die Unternehmenskultur im neuen Unternehmen und dem Buhlen um die Anerkennung Ihres Teams. Und solange jeder Ihrer Schritte genau überwacht wird, sollten Sie sich als Mustervorbild einer Führungskraft zeigen.

1. Vorbereiten: Erwartungen klären

Wenn Sie sich als Senior Manager profilieren wollen, hängt viel von Ihrer Vorbereitung ab. Sie sind der Neue – wenn Sie nicht gerade intern gewechselt haben, kennen Sie sich in der Regel noch nicht im Unternehmen aus.

Die Unternehmenskultur konnten Sie nur im Bewerbungsgespräch erahnen, Ihr Netzwerk in der neuen Firma ist so gut wie nicht vorhanden. Gerade deshalb sollten Sie vor Stellenantritt ein wenig Recherche betreiben.

Welche Tools und Softwares werden beispielsweise im Unternehmen genutzt? Bereits in den ersten Tagen auf der neuen Position sollten Sie sich eine Liste mit Ihren Ansprechpartnern anlegen – so wissen Sie, wer Ihnen bei welchem Problem weiterhelfen kann. Informieren Sie sich genau über Ihre zukünftigen Aufgabenbereiche und stellen Sie sicher, dass die Erwartungshaltungen auf beiden Seiten geklärt sind.

2. Lernen: Fragen stellen

Stellen Sie in den ersten Tagen alle Fragen, die Ihnen auf der Seele brennen. Sie sind neu, daher wird Ihnen das keiner Übel nehmen. Viel unangenehmer ist es, wenn Sie erst nach Wochen mit einer wichtigen Frage ankommen, und Ihr Vorgesetzter sich wundert, wie Sie Ihre Arbeit so lange ohne dieses Wissen erledigen konnten.

In den ersten Tagen und Wochen erhalten Sie jede Menge Input. Legen Sie ein Notizheft, einen Ordner oder eine Datei auf Ihrem PC an, wo Sie alle neuen Informationen festhalten können. Niemand kann sich alles merken. „Wissen heißt wissen, wo es geschrieben steht“, sagte bereits Einstein.

3. Zeit nehmen: Kontakte aufbauen

In einer neuen Firma betreten Sie einen völlig neuen Mikrokosmos. Nehmen Sie sich ein paar Tage Zeit und beobachten Sie. Wer gibt wo den Ton an? An wen können Sie sich wenden, wenn Sie einmal Hilfe brauchen? Üben Sie sich zunächst noch in Zurückhaltung, auch wenn das vielleicht nicht Ihrem Naturell entspricht und Sie sich am liebsten gleich in der Kaffeeküche zur eingeschworenen Tratschrunde dazustellen würden.

Diesen Platz müssen Sie sich erst verdienen. Stellen Sie sich vor, verhalten Sie sich höflich, sympathisch, kompetent. Erzählen Sie etwas von sich, achten Sie aber dabei darauf, nicht gleich allzu privaten Details von sich preiszugeben. Das geht meistens nach hinten los, denn schließlich wollen Sie, dass Ihre Kollegen Sie nach Ihren beruflichen Qualifikationen beurteilen und nicht danach, ob Sie letzten Sommer einen Hamburgeresswettbewerb gewonnen haben.

Wenn Sie neben Ihren Kompetenzen einen souveränen, sympathischen und offenen Eindruck erwecken, haben Sie bei Ihren Kollegen aller Wahrscheinlichkeit nach rasch einen Stein im Brett.

4. Leistungsbereitschaft zeigen: Ideen einbringen

Von der ersten Minute im Unternehmen an sollten Sie einen engagierten Eindruck vermitteln. Das bedeutet: Fragen Sie, vernetzen Sie sich, zeigen Sie, dass Sie sich voll und ganz im Unternehmen einbringen wollen.

Unpassend ist es allerdings, wenn Sie schon in der ersten Woche versuchen, sämtliche Abläufe umzustrukturieren. Ein bisschen Sensibilität schadet nicht – bei einigen Prozessen mag Optimierungsbedarf bestehen.

Mit Kritik sollten Sie sich in den ersten Wochen jedoch noch etwas zurückhalten. So treten Sie niemandem auf die Füße. Warten Sie mit den größeren Veränderungen ab, bis Sie richtig im Unternehmen angekommen sind. Das bedeutet: mindestens drei Monate.

Dagegen machen Sie einen guten Eindruck, wenn Sie von Beginn an Ihre Ideen einbringen. Stellen Sie Ihre Kreativität, Ihre Problemlösungskompetenz und Ihr strategisches Denken unter Beweis.

Verzichten Sie allerdings darauf, sich zu oft auf Ihr altes Unternehmen zu beziehen. Wer sein vorheriges Unternehmen ständig in den Himmel lobt, wirkt schnell unzufrieden. Es spricht nichts dagegen, Best Practices mit Ihrem neuen Team zu teilen – besonders souverän wirken Sie jedoch, wenn Sie Ihr Wissen auch durch Fakten und Studien zu untermauern wissen.

5. Maßvoll sein: Sich nicht zu viel aufbürden

Sie sind gut, eine exzellente Führungskraft. Sonst hätten Sie die Stelle nicht bekommen. Trotzdem sollten Sie bescheiden bleiben. Einerseits, indem Sie von Ihren zahlreichen Qualifikationen nicht viel reden machen – zeigen Sie lieber, was in Ihnen steckt, anstatt sich in Selbstbeweihräucherung zu ergehen.

Eigenlob kommt meist nicht gut an. In einem Interview mit der Zeit empfiehlt Karriereberaterin Carolin Lüdemann Arbeitnehmern, auf dem Boden der Tatsachen zu bleiben: „Dass Sie die Konkurrenz geschlagen haben, bedeutet nicht, dass Sie keine Schwächen haben.“

Auf der anderen Seite sollten Sie sich nicht überschätzen. Nach den ersten Wochen im neuen Unternehmen haben Sie bereits einen guten Überblick – Sie haben eine gewisse Routine erlangt. Sie sind motiviert und wollen sich beweisen.

Darum melden Sie sich freiwillig für das neue Content-Projekt, für die Organisation der Weihnachtsfeier und natürlich wollen Sie auch bei der Umstrukturierung des Traineeprogramms für Ihre Abteilung ein Wörtchen mitreden.

Schalten Sie einen Gang herunter. Überlegen Sie gut, welche Projekte Sie zusätzlich übernehmen können, ohne dass der zusätzliche Arbeitsaufwand Ihre täglichen Aufgaben beeinträchtigt.

Wenn Sie sicher sind, dass Sie ein weiteres Projekt stemmen können – wunderbar. Wenn nicht, sollten Sie damit warten, bis Sie die ersten drei Monate im neuen Job gemeistert haben.

6. Auf der Zielgeraden: Fettnäpfchen vermeiden

Auch, wenn Sie schon einige Wochen bei Ihrem neuen Arbeitgeber gemeistert haben, ist das kein Grund, sich nun auf Ihren Lorbeeren auszuruhen. Im Gegenteil: Jetzt sollten Sie noch einmal richtig Gas geben! Vielleicht fühlen Sie sich schon so richtig wohl – die ersten 100 Tage im neuen Job sind bald geschafft.

Tappen Sie nicht in die Behaglichkeitsfalle. Kommen Sie morgens lieber zu früh als zu spät, abends sollten Sie nicht auf die Minute pünktlich aus dem Büro stürzen. Das wirkt unengagiert.

Vereinbaren Sie während Ihrer ersten 100 Tage im neuen Job auch keine Arzttermine während der Kernarbeitszeiten – außer natürlich in dringenden Fällen. Doch die vierteljährliche professionelle Zahnreinigung sollten Sie lieber nach hinten verschieben.

Damit sind wir beim letzten Punkt angelangt – dieses Fettnäpfchen sollten Sie weiträumig umgehen, denn damit könnten Sie Ihren Kollegen gehörig auf den Schlips treten.

Bedenken Sie, dass Sie schon eine ganze Weile im Unternehmen sind. Daher sollten Sie sich mittlerweile auch die Namen Ihrer Kollegen merken können, mit denen Sie zusammenarbeiten.

Nichts ist unangenehmer als ein „Wie war noch einmal Ihr Name?“, wenn Sie dem besagten Kollegen täglich auf dem Flur begegnen. Was in den ersten zwei, drei Wochen noch verzeihlich ist, kann nach über drei Monaten schnell zur handfesten Beleidung werden. Notieren Sie sich wenn nötig die Namen oder bauen Sie Eselsbrücken – vielleicht hat Frau Bäumer ein Faible für Topfpflanzen im Büro?

Denken Sie daran: Wer die ersten 100 Tage im neuen Job souverän meistert, hat beruflich gesehen alle Trümpfe in der Hand. Positionieren Sie sich als ideale Führungskraft – und werden Sie gleichzeitig zur idealen Führungskraft.


Tagged:


Experteer verwendet Cookies. Informationen zum Datenschutz
Verstanden