Der Wettbewerb um qualifizierte Spitzenkräfte macht vor den Landesgrenzen nicht halt. Zunehmend fahnden auch Local Player international nach geeigneten Bewerbern. Doch was bewegt die Top-Kräfte rund um den Globus dazu, sich für eine bestimmte Stelle zu entscheiden? Wer die Besten gewinnen und halten möchte, sollte die entsprechenden Antworten kennen – das zeigt die Studie „Global Candidate Preferences Survey“ der ManpowerGroup Solutions, die dazu knapp 4.500 Bewerber in fünf wichtigen Arbeitsmärkten (USA, Vereinigtes Königreich , Australien, China und Mexiko) befragt und anschließend mit deutschen Zahlen verglichen hat. Die Präferenzen variieren deutlich je nach Kultur, wirtschaftlichem Umfeld und Arbeitsmarktdynamik. Auch in Deutschland haben Talente ganz klare Vorstellungen.
Jobinhalt motiviert Briten und Deutsche
Das Gehalt bestimmt nicht alles: Die weltweiten Daten der Studie belegen, dass die Art der Tätigkeit bei der Karriereentscheidung genauso wichtig ist wie das Salär. Wohl auch weil Selbstverwirklichung und Lebensqualität in Bezug auf die Arbeit nicht nur in Europa an Bedeutung gewinnen.
Dass die Ansichten dazu in den Nationen aber teils auseinandergehen, zeigt die Erhebung ebenfalls: Während etwa 76 Prozent der Briten und 72 der Australier den Jobinhalt als starken Motivationsfaktor für einen Arbeitsplatzwechsel werten, waren es in den USA 58 Prozent, in Mexiko 39 Prozent und in China gerade mal 31 Prozent. In Deutschland würden 78 Prozent der Berufstätigen keinen hoch bezahlten Job ausüben, wenn dieser sie langweilt oder stresst und 57 Prozent wären sogar bereit, temporär weniger Gehalt zu erhalten, wenn die Tätigkeit spannender wird.
Dazu kam die Studie „Arbeitsmotivation 2016“ der ManpowerGroup. Die meisten Berufstätigen hierzulande identifizieren sich stark mit ihrem Beruf und ihrem Arbeitgeber. Mehr als zwei Drittel sehen Arbeiten als erfüllend an – Unternehmen kommen also nicht umhin, Talenten mehr anzubieten als nur ein pralles Konto, auch wenn das Gehalt bei einem potenziellen Stellenwechsel weiterhin eine wichtige Rolle spielt.
Wechsel als Karriereschub
Ebenfalls für viele maßgeblich: Aufstiegsperspektiven. Dabei sticht Mexiko im Ländervergleich hervor. Hier rangieren die Karriereaussichten mit 51 Prozent nach dem Gehalt sogar auf Platz zwei der Motivationsfaktoren. Im Vereinigten Königreich sehen hingegen nur 28 Prozent die Chance zum weiteren Vorankommen als entscheidend an. Ohnehin steigt in Zeiten befristeter Verträge und projektbasierten Jobs auch die Wechselbereitschaft.
Weltweit beschreiben sich inzwischen mehr als ein Drittel der Befragten als „permanent auf der Suche nach neuen beruflichen Möglichkeiten“. In Deutschland bieten laut der Studie „Jobsuche 2016“ der ManpowerGroup ein Drittel der Unternehmen überhaupt keine Personalentwicklungsmaßnahmen an – ein gefährliches Versäumnis wenn man bedenkt, wie viele deutsche Arbeitnehmer sich stark mit ihrem Job identifizieren.
Bewerber suchen attraktives Leitbild
Eine immer stärkere Rolle spielt für viele die Unternehmensmarke. Inzwischen messen ihr weltweit 20 Prozent der Befragten eine große Bedeutung bei, wobei mehr als die Hälfte der Kandidaten angab, dass ihnen die Marke wichtiger sei als noch vor fünf Jahren. Als eine wichtige Komponente sehen viele die Corporate Social Responsibility (CSR) – besonders häufig ist diese Einschätzung in Mexiko und Australien vertreten.
Daneben bestätigt die Studie auch die Anziehungskraft eines starken Employer Value Proposition (EVP) als Reflexion attraktiver Arbeitgebermerkmale – sowohl für potenzielle Bewerber als auch für die Fach- und Führungskräfte im Unternehmen. In Deutschland schauen sich 69 Prozent der Bewerber potenzielle Unternehmen zuvor genau an – Produkte, Dienstleistungen, Umweltengagements – wer hier als Unternehmen kein klares Leitbild hat, ist im Nachteil.
Und was bewegt die Deutschen?
In Deutschland herrscht laut der Studie „Jobzufriedenheit 2016“ der ManpowerGroup Deutschland eine hohe Wechselbereitschaft – 44 Prozent der Angestellten würden sich in den nächsten zwölf Monaten beruflich neu orientieren. Ganz oben auf der Liste der Gründe steht der Wunsch nach besserer Bezahlung (21 Prozent) – wobei dieser Faktor in den vergangenen Jahren an Gewicht verloren hat.
Dagegen gewinnt der Aspekt Wertschätzung an Bedeutung. Gestiegen ist auch die Bedeutung von anderen weichen Faktoren wie der Spaß an der beruflichen Tätigkeit, einem insgesamt guten Arbeitsklima sowie einem guten Verhältnis mit dem direkten Vorgesetzten. 15 Prozent der Befragten geben als Motiv für ihre Wechselbereitschaft an, dass ihre Leistung nicht anerkannt wird. 12 Prozent geben an, dass sie keinen Spaß an ihrer Tätigkeit haben und deswegen bereit für einen neuen Job sind. 11 Prozent nennen ein schlechtes Arbeitsklima als Grund.
Wie Unternehmen ihr Wissen nutzen sollten
Der Unterschied entscheidet. Erst mit einer gezielten Ausrichtung der HR-Strategie auf den jeweiligen Markt lassen sich die besten Köpfe im globalen Umfeld gewinnen. Das schließt auch das strategische Formulieren von Inseraten, passgenaue Bewerbungsformate und die adäquate Nutzung sozialer Netzwerke mit ein.
Praktisch heißt das zum Beispiel: Mittlere Führungskräfte aus den USA gewinnt man eher mit dem Versprechen einer guten Work-Life-Balance. Führungskräfte aus China motiviert dagegen eher der Hinweis auf ein überdurchschnittliches Gehalt. Entsprechend steigert in diesen Märkten mehr Transparenz die Chancen gegenüber der Konkurrenz. Daneben gilt es je nach regionalen Bewerberpräferenzen weitere wichtige Motivationsfaktoren, wie die Art der Tätigkeit, Aufstiegsmöglichkeiten oder zeitliche Flexibilität hervorzuheben.
Um neu eingestellte Spitzenkräfte auch zu halten, müssen Unternehmen zudem ihre Onboarding-Prozesse optimieren. Dafür heißt es etwa, Erwartungen und Entwicklungschancen klar zu definieren. Sonst wandern die mobilen Top-Mitarbeiter schnell in andere Unternehmen ab.
Mit der nächsten Generation werden Lebensläufe häufige Jobwechsel aufzeigen. Vor allem die Millennials, die bald ein Drittel der gesamten Arbeitnehmerschaft ausmachen weltweit, erwarten, dass sie in Ihrem Berufsleben ca. 5-6 verschiedene Arbeitsplätze durchlaufen werden. Schon heute ist ein Beruf und ein Arbeitgeber fürs Leben unrealistisch. HR-Manager sollten dies als Qualitätsmerkmal und nicht als Stigma werten. Sonst gehen viele Mitarbeiter mit erstklassigem Potential durch die Lappen.