Wieviele Sprachen sollte ein Senior Professional heutzutage beherrschen? Wie führt man ein Bewerbungsgespäch über 2000 Kilometer hinweg? Wie leitet man ein multikulturelles Team? Über diese Themen haben wir uns bei Peter Postinett, Leiter der Organisationsentwicklung bei Ramafrut S.L., unterhalten. Der internationale Arbeitsmarkt hält für qualifizierte Kandidaten wie Sie zahlreiche Chancen bereit! Sammeln Sie internationale Erfahrung sowie interkulturelle Kompetenz und machen Sie sich für globale Arbeitgeber interessant! Wie Sie sich dabei für mögliche Herausforderungen im internationalen Umfeld wappnen können? Unser Gastautor hat die Antworten:
Ein mir bekannter Unternehmer hat vor etwa 15 Jahren einmal behauptet, ein guter Europäer müsse 3 Sprachen fließend beherrschen. Damals war das nicht selbstverständlich. Ich habe in jenen Tagen für die Betreuung von anderen Ländern in Customer Service Organisationen oft sehr lange nach geeigneten Mitarbeitern suchen müssen, die bestimmte Sprachkenntnisse in der erforderlichen Qualität mitbringen, eine gewisse Erfahrung vorweisen konnten und darüber hinaus auch noch umzugswillig waren (auch Home- oder virtuelles Office war noch nicht sehr verbreitet).
Das ist heute einfacher … wenn das Angebot stimmt. Bewerber vergleichen Firmen mittlerweile auf internationalem Niveau. Wo ist der Standort? Welche Vor- und welche Nachteile hat er? Wie ist das Image des Unternehmens? Was sind die gebotenen Benefits? Was sagen die Angestellten, die schon in dem Unternehmen arbeiten?
Immer mehr Talente vergleichen Unternehmen auf internationaler Ebene
Viele Kandidaten sprechen heute zwei, drei oder noch mehr Sprachen und viele Nachwuchstalente haben bereits erste Erfahrungen im interkulturellen Austausch. Sie haben als Praktikanten in Berlin gejobbt, ein paar Monate in London oder Dublin als Kellner oder im Callcenter gearbeitet, ein paar Semester in Paris oder Amsterdam studiert, in Südamerika Spanisch gelernt oder sonst irgendwo in der Welt internationale Luft geschnuppert. Man sucht sich auf einem zunehmend internationalen Markt das Passendste heraus.
Firmen müssen sich schnell auf diese Veränderungen am Arbeitsmarkt einstellen. Sie müssen Konzepte und Hilfen anbieten, um Mitarbeiter aus anderen Ländern in die bestehenden Teams zu integrieren und sie müssen sich multikulturell interessant machen. Portale wie Experteer sind diesen Schritt bereits gegangen und bieten eine sehr internationale Übersicht über die aktuellen Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt.
Jobangebote, Firmen und Bewerber werden global transparenter und vergleichbarer. Gehaltsbenchmarks und Benefits sind per Mausklick abrufbar, benötigte Qualifikationen sind über eine Suchmaschine von jedem beliebigen Ort und zu jeder Zeit abrufbar.
International erfahrene Kandidaten ab 45 sind zunehmend gefragt
Sprachen und interkulturelle Kompetenz werden immer gefragter und auch Talente mit einem höheren Alter werden zunehmend gesucht. Oft bringen gerade diese Senior-Experten das benötigte Wissen und die notwendige Erfahrung mit, um internationale und multikulturelle Teams an dezentralen Standorten zu steuern.
Gute “Techniker” findet man durchaus an den Universitäten und unter Bewerbern mit eher wenig oder keiner Berufserfahrung. Manager, die fähig sind die losen Enden zusammenzuführen, benötigen aber vor allen Dingen genau diese Erfahrung. Diese Seniors bringen das notwendige Wissen mit, um dezentrale Teams mit multikulturellem Background erfolgreich zu führen – eine von Unternehmen bislang unterschätzte Kompetenz im Lebenslauf.
Viele ambitionierte Projekte scheitern nicht an technischen Schwierigkeiten, sondern an der Fähigkeit des Managements, die eigenen Mitarbeiter auf die Strategie einzuschwören und eine effiziente Struktur zu etablieren. Mit einer lokalen Mentalität kann man keine internationalen Projekte und multi-kulti Abteilungen erfolgreich führen.
Vielmehr braucht man internationales Denken und die Fähigkeit länderübergreifende Projekte (beispielsweise SAP Einführung und neue Organisationsstrukturen) auf lokale Anforderungen herunterbrechen (“Think global, act local”).
Ein spanisches Team führt man anders als ein deutsches Team und selbstverständlich führt man ein internationales Team anders als ein nationales. Erfolg bedeutet die Erreichung der Unternehmensziele und Unternehmensziele erreicht man, indem man die kollektiven Ziele zu individuellen Leistungen “umformuliert” (“Was muss jeder Einzelne im Unternehmen tun, damit das übergeordnete Ziel erreicht wird?”).
Damit dies gelingen kann, muss das Management die Menschen erreichen und fähig sein, die Leistungserwartungen verständlich zu formulieren und dann auch abzurufen. Dafür muss man wissen, was die Mitarbeiter motiviert und dafür wiederum braucht man sowohl Empathie als auch Erfahrung.
Welche Herausforderungen entstehen durch das internationale Recruiting für Bewerbungsprozesse?
Die zunehmende Internationalisierung des Arbeitsmarktes birgt zahlreiche Chancen, bringt für Unternehmen jedoch auch gewisse Schwierigkeiten mit sich: Wie führt man ein Bewerbungsgespräch mit einem Kandidaten, der 2000 Kilometer weit weg ist? Insgesamt wird bei internationalen Recruitings das Telefoninterview, das Videointerview (beispielsweise per Skype) und andere Alternativen immer wichtiger.
Um Kosten zu sparen, kann man zukünftig nur noch die Top-Kandidaten persönlich interviewen. Auch bei der persönlichen Vorstellung kann man Alternativen finden. Statt beispielsweise Bewerber von einer Ecke Europas in die andere einzufliegen, was mit hohen Kosten und Zeitaufwand verbunden ist, kann man sich quasi in der Mitte treffen. So ist beispielsweise der Flughafen Madrid eine für spanische Bewerber relativ problemlos zu erreichende Lokation und auch aus Deutschland gibt es reichlich Direktverbindungen.
Am Flughafen selbst kann man stundenweise Meetingsräume mieten und so unter eher geringen Aufwand die Kandidaten persönlich kennenlernen. Das Gleiche gilt im Prinzip für alle größeren Flughäfen.
Herzlichen Dank an unseren Gastautoren für diese interessanten Ausführungen zum Thema internationale Erfahrung als Schlüsselkompetenz! Wir hoffen, wir konnten Ihnen Ihren nächsten beruflichen Zwischenstopp im internationalen Umfeld schmackhaft machen! Jetzt wissen Sie ja, was Sie erwartet – profitieren Sie also von den Chancen, die der globale Arbeitsmarkt für Sie bereithält. Viel Erfolg!
Über den Gastautor Peter Postinett:
46 Jahre alt, verheiratet, 2 Kinder, Leiter Organisationsentwicklung und Change Agent in einem mittelständischen, spanischen Familienunternehmen im Raum Valencia (Ramafru S.L., Valencia, Spanien). Dozent an der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Valencia und Autor mehrerer Bücher und Fachartikel. Leitung von multikulturellen Teams im internationalen Umfeld, Erfahrung in der internationalen Einführung und dem Roll-Out von SAP R/3 und bei der Konzeption und Umsetzung von unternehmensweiten Organisationsmodellen. Erfahrung mit internationalen Restrukturierungsprojekten, der Analyse und der Überarbeitung von Geschäftsprozessen.