Mimik in Verhandlungen

Wenn das Lächeln trügt

Um sich zu vergewissern, dass ihr Gesprächspartner verlässlich ist, analysieren viele Menschen die Mimik ihres Gegenübers. Das kann ein Fehler sein, wie US-amerikanische Forscher herausgefunden haben. Andere Anzeichen sind vielversprechender.

Mimik in Verhandlungen

Nur, weil jemand lächelt, ist er noch lange nicht vertrauenswürdig. Viel aufschlussreicher als die Mimik sind andere Merkmale.

Menschen vertrauen zu stark auf Gesichtsausdrücke

Denn fast jeder kennt das ungewisse Gefühl vor einem Vorstellungsgespräch oder einer wichtigen Verhandlung: Wie verhalte ich mich richtig und wie wird mein erster Eindruck von meinem Gegenüber ausfallen? Um den ersten Eindruck zu beeinflussen, gibt es einen vermeintlichen Zaubertrick: zu lächeln. Denn wer lächelt, der gilt als vertrauenswürdig. Menschen, denen kein positiver Ausdruck über die Lippen huscht, gelten bei ihrem Gegenüber als nicht besonders verlässlich. Doch ein nettes Lächeln ist nicht alles. Es kann täuschen und manchmal sogar der Karriere schaden.

Wenn es darum geht, die Vertrauenswürdigkeit ihres Gesprächs-oder Geschäftspartners einzuschätzen, hätten Menschen ein mangelhaftes Gespür, schreiben Forscher der University of Southern California in ihrer im November veröffentlichten Studie. „Sie vertrauen zu sehr auf Gesichtsausdrücke, wenn sie die Ehrlichkeit ihres Gegenübers beurteilen“, heißt es darin.

In einem Experiment mussten die Teilnehmer so tun, als seien sie Antiquitätenhändler und dabei in Zweiergruppen aushandeln, wer bestimmte Gegenstände erhalten sollte. Darunter waren Schallplatten, Lampen und ein Gemälde, denen ein unterschiedlich hoher Wert zugemessen wurde. Die Wissenschaftler beobachteten die Dialoge der Teilnehmer, ihre Mimik und ihre Gestik — und, ob und wie sie ihr Gegenüber in die Irre führten, um einen Vorteil für sich herauszuschlagen. Im Anschluss verglichen sie die Ausstrahlung eines Partners auf den anderen mit seinem tatsächlichen Verhalten. Eine Frage dabei: Wirken lächelnde Menschen nur vertrauensvoll oder sind sie es tatsächlich?

Wer freundlich wirkt, ist noch lange nicht ehrlich

Das Ergebnis war eindeutig. Nur weil jemand freundlich wirkt, heißt das noch lange nicht, dass er oder sie immer die Wahrheit sagt. Auch lächelnde Menschen erzählten ihrem Gegenüber falsche oder missverständliche Fakten, um sich in der Verhandlung einen Vorteil zu verschaffen. Das gilt der Studie zufolge sowohl für Menschen, die freudig lächeln als auch für solche, deren Gesichtsausdruck eher gequält freundlich erscheint. Im Umkehrschluss bedeutet das: Manager sollten nicht zu viel auf die positive Ausstrahlung ihres Gegenübers geben. Sie kann ein gutes Zeichen sein, muss aber nicht.

Bei anderen Verhaltensweisen hatten die Teilnehmer der Studie ein verlässlicheres Gefühl. Sie schätzten besonders geschwätzige Gesprächspartner von vornherein als wenig vertrauenswürdig ein. Und tatsächlich befand sich unter dem, was besonders gesprächige Probanden von sich gaben, auch so manche Unwahrheit.

Ein Lächeln kann der Karriere schaden

Doch Manager sollten nicht nur bei ihrem Verhandlungspartner auf mehr als ein nettes Lächeln achten. Sie sollten auch selbst reflektieren, wie oft sie ihre Mitarbeiter anlächeln und was das bewirkt. Das gilt insbesondere für weibliche Führungskräfte. Eine Studie der TU München zeigt, dass fröhlich wirkenden Frauen wenig Führungswille zugetraut wird. Wenn Menschen ihre Vorgesetzten beurteilen sollen, denken sie in Schubladen und haben Eigenschaften wie Durchsetzungsstärke und Härte im Kopf. Wenn Managerinnen dementsprechend eher stolz agieren, werden sie daher auch als stärkere Führungskraft wahrgenommen, so die Studie.

Egal ob Frau oder Mann, Manager sollten es grundsätzlich nicht mit dem Strahlen im Gesicht übertreiben, findet Körpersprache-Expertin Tatjana Strobel. „Eine Führungspersönlichkeit braucht Klarheit und sollte auch eine gewisse Strenge verkörpern“, sagt sie. Strobel hält es zwar für wichtig, Erfolge auch mal zu feiern und ein bisschen Humor und Freude in den Arbeitsalltag zu bringen. Aber: Ein Chef bleibe eben doch ein Chef, der in erster Linie führt.

Über die Autorin

Felicitas Wilke klein

Felicitas Wilke, Jahrgang 1990, hat BWL und Journalismus studiert und die Deutsche Journalistenschule besucht. Sie arbeitet als freie Journalistin in München.

Beruflich begeistert sie sich für Themen rund um Wirtschaft, privat bereist sie gerne Skandinavien und hat ein Herz für schwarz-gelben Fußball aus dem Ruhrgebiet.



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