Serie Businesskulturen: „Keep similing“ in den USA [Teil 5]

2015 belegten die USA erstmals seit 55 Jahren wieder Platz eins im Ranking der wichtigsten Handelspartner Deutschlands und lösten den langjährigen Spitzenreiter Frankreich in der Pole Position ab. Zwischen den USA und Deutschland wurden Waren im Wert von 173 Milliarden Euro gehandelt, insbesondere die deutschen Exporte in die Vereinigten Staaten legten deutlich zu, von rund 96 Milliarden Euro in 2014 auf knapp 114 Milliarden Euro im vergangenen Jahr.

Business people talking and working together in office

Mit einer Fläche von knapp zehn Millionen Quadratkilometern ist das „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“ nach Kanada und Russland das drittgrößte Land der Erde. Der amerikanische Markt ist mit seinen rund 318 Millionen Einwohnern der größte homogene Markt der Welt – mit einer Sprache, einer Währung und einem Rechtssystem. Deswegen bietet er hohes wirtschaftliches Potenzial für Unternehmen.

Obwohl wir eine ähnliche kulturelle Basis westlicher Prägung haben und glauben, den American Way of Life schon gut aus Hollywood-Blockbusterfilmen zu kennen, so gibt es doch wichtige Unterschiede gegenüber der deutschen Mentalität. Wie Sie Fettnäpfchen im US-Business vermeiden, lesen Sie hier.

Offenheit und Optimismus: keep smiling!

Die US-amerikanische Mentalität ist vor allem geprägt von Offenheit, Optimismus und einem unbändigen Willen zur Selbstverbesserung. Selbst in der Verfassung ist das „Streben nach Glück“ verankert. Mit Amerikanern kommt man leicht ins Gespräch, sie sind offen gegenüber anderen Kulturen.

Deutsche überrascht anfangs häufig die überschwängliche Herzlichkeit der Amerikaner, die im Gegensatz zu anderen Kulturen sehr häufig ein Lächeln auf den Lippen tragen („keep smiling!“). Selbst im Supermarkt wird man mit einem „How are you?” begrüßt, nach kurzem Smalltalk mit neuen Bekanntschaften wird auch schnell mal eine Einladung zum Essen oder ein „I will call you“ ausgesprochen.

Doch Sie sollten das nicht zu wörtlich nehmen. Wird nichts Konkretes ausgemacht, so bleiben die Ankündigungen meist unverbindlich. Es handelt sich dabei meist um reine Höflichkeit und häufig verwendete Floskeln.

Auch mit Komplimenten – „Wow! You look great“, sind die Amerikaner äußerst freigiebig, sie sollten nicht zu ernst genommen werden. Auch wenn die amerikanische Mentalität auf Deutsche oberflächlich wirken mag, so macht sie doch den Umgang wesentlich angenehmer und ist Ausdruck einer freundlichen, positiven und optimistischen Lebenseinstellung. Außerdem sind Amerikaner ausgesprochene Patrioten, sie lieben ihr Land und sind stolz darauf. Das zeigt sich auch an den zahlreichen US-Flaggen, die an Einfamilienhäusern in den Vorstädten hängen.

Socializing und Smalltalk

Amerikaner schließen schnell neue Kontakte, Socializing ist auch im Business ein wichtiger Faktor. Basis dafür ist die Kunst des Smalltalks, den die Amerikaner exzellent beherrschen – ein gutes Mittel, um das Eis zu brechen und sich ein erstes Bild vom anderen zu machen. Kontroverse Themen wie Politik oder Religion sollten Sie dabei natürlich tunlichst vermeiden, sowohl geschäftlich, als auch privat.

Stellen Sie sich darauf ein und versuchen Sie dabei unbedingt, den für uns Deutsche sehr direkten Kommunikationsstil abzulegen. Vermeiden Sie eine direkte Ablehnung oder ein offenes „Nein“ – direkte Kritik empfinden Amerikaner als ausgesprochen unhöflich und sogar als verletzend. Tadel und Kritik verpacken die Amerikaner meist zwischen positiven Aussagen. Lob und Anerkennung sollten im Vordergrund stehen.

Bei der Kleidung sollten Sie im Business auf einen sachlichen, konservativen Stil achten, mit einem klassischen Anzug oder Kostüm liegen Sie genau richtig. Frauen sollten auf übertriebenes Make-up, sehr kurz geschnittene Kleider oder Oberteile mit tiefem Ausschnitt verzichten. Geschäftspartner und Mitarbeiter werden schnell mit dem Vornamen angesprochen.

Meetings: kurz und effektiv halten!

Sehr stark unterscheidet sich der Ablauf von Meetings in beiden Ländern. Zu Beginn lockern die Amerikaner die Stimmung gerne mit Humor auf, um eine entspannte Atmosphäre zu schaffen. Äußerst wichtig dabei ist, keine Personen oder Gruppen zu diskriminieren, da dies schnell eine Klage nach sich ziehen kann.

Während Deutsche gerne sehr gut vorbereitet in eine erste Besprechung gehen und detaillierte Vorschläge mitbringen, geht es den Amerikanern zunächst um einen ersten Meinungsaustausch und eine grobe Bestandsaufnahme. Lange Meetings und Präsentationen mit hoher Informationstiefe sind in den USA nicht üblich, sie sollten kurz und effektiv gehalten werden.

Die Amerikaner sind Macher, sie sind an schnellen Ergebnissen, kurzfristigen Erfolgen und raschen Gewinnen orientiert. Die Deutschen sollten darauf eingehen und es vermeiden, wie hierzulande üblich alle Eventualitäten ausführlich gegeneinander abzuwägen und eine hundertprozentige, langfristige Lösung anzustreben.

Offenheit und Ehrlichkeit sind bei Meetings und Verhandlungen äußerst wichtig. Doch letztlich zählt nur, was schriftlich in einem Vertrag festgelegt wird. Während die Deutschen bei neuen Projekten stärker auf mögliche Probleme hinweisen und auch Kritik üben, sehen die Amerikaner eher die Chancen als die Risiken und versuchen, erst mal positiv zu starten und dann pragmatische Lösungen zu finden. So haben die Amerikaner auch eine höhere Fehlertoleranz als Deutsche.

Teamplayer und Individualisten

Amerikaner sind sowohl ausgesprochene Teamplayer, als auch überzeugte Individualisten. Deswegen sollten Sie alle Aufgaben in einem Team genau aufteilen, sodass auch der Arbeitserfolg jedes einzelnen genau gesehen und anerkannt werden kann. Auch im Business verteilen die Amerikaner Lob und Komplimente häufiger als die Deutschen und die Mitarbeiter erwarten das auch.

Doch der respektvolle Umgangston sollte nicht über die ausgeprägte „Hire and Fire“-Mentalität hinwegtäuschen, ausgeprägte Kündigungsschutzregelungen wie in Europa gibt es in den Vereinigten Staaten nicht.

Dafür finden entlassene Mitarbeiter auch schneller wieder einen neuen Job. Während die Menschen in Europa meist ihr ganzes Leben in einem Beruf oder gar einem Unternehmen verbringen, ist der Job- oder Berufswechsel für die Amerikaner selbstverständlich und Ausdruck ihres Dranges, sich kontinuierlich zu verbessern und Chancen zu nutzen. Einerseits ist diese Aufgeschlossenheit gegenüber neuen Herausforderungen positiv, anderseits drückt dies Spontanität und kurzfristiges Denken aus, das zu einer geringeren Arbeitsqualität oder dem Verlust von guten Arbeitskräften führen kann. Eine langjährige Unternehmenszugehörigkeiten ist eher die Ausnahme, als die Regel.

Alles in allem bietet der riesige amerikanische Markt exzellente Möglichkeiten für deutsche Unternehmen. Die Amerikaner lassen sich schnell von neuen Geschäftschancen begeistern, aber stellen die Zusammenarbeit auch rasch ein, wenn der Erfolg ausbleibt. Stellen Sie sich auf die positive Grundhaltung der Amerikaner ein, schrauben Sie die deutsche Übergenauigkeit und die Freude am Kritisieren zurück, seien sie pragmatisch und flexibel und legen sie nicht jedes Wort auf die Goldwaage. Dann sind Sie auf bestem Wege, den American Dream für Ihr Unternehmen wahrzumachen.

Über den Autor:

Markus Hofelich ist Wirtschafts- und Finanzjournalist und lebt mit seiner Familie im Süden von München. Seine journalistische Erfahrung sammelte er als Redaktionsleiter beim DIV Deutscher Industrieverlag, als stellv. Chefredakteur von Cash. sowie als Chefredakteur des Wirtschaftsmagazins „Unternehmeredition“ der GoingPublic Media AG. Markus Hofelich ist Diplom-Kulturwirt und hat an den Universitäten Passau und an der Pariser Sorbonne studiert. Aktuell hat er die Website SinndesLebens24.de gestartet, ein Online-Magazin für Philosophie, Glück und Motivation, und ist auf der Suche nach neuen Herausforderungen.



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