Serie Businesskulturen: Erfolgreich verhandeln in China [Teil 2]

Ungebrochenes Potenzial im Reich der Mitte: Trotz zuletzt rückläufiger Wachstumsraten des Bruttoinlandsprodukts, zählt China immer noch zu den wichtigsten globalen Zukunftsmärkten. China ist nach den USA die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt. In der Rangfolge der wichtigsten Exportmärkte Deutschlands belegt es Platz 5. Deswegen stehen für immer mehr Führungskräfte Kontakte mit chinesischen Geschäftspartnern auf der Agenda. Doch Westeuropäer stoßen in kaum einem anderen Kulturkreis auf größere Mentalitätsunterschiede wie in Asien. Den Fettnäpfchen sind Tür und Tor geöffnet. Wie sie erfolgreich im Business mit dem Land des Lächelns durchstarten, lesen Sie hier.

Businesskultur in China

Begrüßung: Verbeugung statt Handshake

Beim Meeting mit den chinesischen Business-Partnern ist auch hier der erste Eindruck entscheidend. Sie sollten unbedingt pünktlich erscheinen, eine Tugend auf die die Chinesen großen Wert legen. Die Begrüßung stellt die erste Hürde dar.

Statt einem Handshake vollziehen die Chinesen eine Verbeugung. Aus aufrechter Haltung neigen sie sich um etwa 40 Grad nach vorn und halten dabei ihre Visitenkarte – wichtig! – mit beiden Händen und der Schrift nach vorne dem Gast entgegen. Dieses Ritual sollte nicht unterschätzt werden, denn Visitenkarten gelten in China als Statussymbol. Sie nehmen die Karte respektvoll entgegen, blicken sie würdigend an.

Wichtig ist auch die Reihenfolge, in der Sie ihre Gesprächspartner begrüßen – zuerst die ranghöheren Personen: Ältere vor Jüngeren, Männer vor Frauen. Hier drückt sich die sehr hierarchisch geprägte Gesellschaft aus. Um ihren ausländischen Gästen entgegenzukommen, grüßen auch immer mehr Chinesen per Handschlag. Doch Vorsicht: Der Händedruck sollte sehr sanft sein und nicht wie bei uns üblich kräftig ausfallen. Dabei und generell sollten Sie einen intensiven Blickkontakt vermeiden, ein absolutes No-Go!

Dezente Kleidung statt greller Farben

Als Dresscode im Business empfiehlt sich konservative Kleidung in gedeckten Farben. Zu offenherzige Kleidung, kurze Hosen, grelle, leuchtende Farben oder transparente Oberteile sollten Sie unbedingt vermeiden, nicht nur beim Geschäftstermin, sondern auch bei After- Work-Treffen. Abgesehen von Hemden und Blusen sollten Sie auf weiße Kleidung verzichten, denn diese Farbe gilt als Farbe des Todes.

Regeln bei Tisch: Schmatzen ja, Nasenputzen nein

Beim Gang ins Restaurant erleiden die Westeuropäer häufig einen Kulturschock. Für die Chinesen ist es völlig normal, lautstark zu essen und zu trinken, sprich herzhaft zu schlürfen und zu schmatzen. Doch Vorsicht: Keinesfalls darf man sich bei Tisch die Nase putzen – das geht nur unter Ausschluss der Öffentlichkeit, am besten auf der Toilette.

Auch wenn Ihnen äußerst exotische Speisen gereicht werden, sollten Sie sich aufgeschlossen zeigen und probieren, keinesfalls gleich ablehnen, um den Gastgeber nicht zu brüskieren. Wer mit Stäbchen essen kann, sammelt Pluspunkte. Beim Tischgespräch sollten Sie brisante Themen wie Politik, Religion oder Menschenrechte vermeiden.

Persönliches Vertrauen als entscheidender Faktor

Ein wichtiger Faktor ist das Zusammengehörigkeitsgefühl. Die Chinesen sind äußerst beziehungsorientiert und trennen Beruf und Privatleben nicht so stark voneinander wie die Deutschen. Unternehmenshierarchien und Familienstrukturen sind gleichermaßen von Loyalität geprägt. Deswegen will man sich beim Business zunächst persönlich kennen lernen – weit über die geschäftliche Ebene hinaus. Vertrauen wird über die Person und nicht über Produkte aufgebaut.

Deswegen planen Sie neben dem reinen Business auch genügend Zeit für gemeinsame Aktivitäten ein, wie den Besuch eines Sportturniers oder für das dort äußerst beliebte Karaoke. Unterschätzen Sie das nicht. Für Chinesen steht die Beziehung im Vordergrund, nicht ein Regelwerk von Verträgen.

Wahrung des Gesichts als oberste Priorität

Das Anbahnen von Geschäftskontakten und anschließende Vertragsverhandlungen erfordern in China sehr viel Zeit und Geduld. Eine besondere Herausforderung stellt die völlig andere Art der Kommunikation dar. Während die Deutschen mit einem klaren „ja“ und „nein“ ihre Meinung sagen, gilt ein „nein“ in China als absolut unhöflich. Es bedeutet das „Gesicht zu verlieren“ – es gibt keine größere Peinlichkeit für einen Chinesen. Deswegen sagen die Asiaten „ja“, wenn sie „nein“ meinen, äußern sich sehr vage oder umschreiben den Sachverhalt.

Die richtige Antwort liegt zwischen den Zeilen, was es für den Deutschen schwierig macht, die eigentliche Botschaft zu erkennen. Versuchen Sie, aus dem Kontext die richtigen Schlüsse zu ziehen. Gesichtswahrung hat oberste Priorität, das erfordert Fingerspitzengefühl, auch im Umgang mit Mitarbeitern. Sie können eher mit Lob und Anerkennung motiviert werden. Direkte Kritik sollten sie auch hier vermeiden.

Geduld, Zeit und Fingerspitzengefühl

Alles in allem sind die Arbeitswerte und Geschäftspraktiken in Deutschland und China äußerst konträr. Wer im Reich der Mitte erfolgreich sein will, braucht neben dem Verständnis für kulturelle Gepflogenheiten Zeit, Geduld und Fingerspitzengefühl. Doch die Hartnäckigkeit zahlt sich aus. Hat man es erst mal geschafft, als Geschäftspartner anerkannt zu werden, steht dem erfolgreichen Ausbau des China-Geschäfts nichts mehr im Wege.

Über den Autor:

Markus HofelichMarkus Hofelich ist Wirtschafts- und Finanzjournalist und lebt mit seiner Familie im Süden von München. Seine journalistische Erfahrung sammelte er als Redaktionsleiter beim DIV Deutscher Industrieverlag, als stellv. Chefredakteur von Cash. sowie als Chefredakteur des Wirtschaftsmagazins „Unternehmeredition“ der GoingPublic Media AG. Markus Hofelich ist Diplom-Kulturwirt und hat an den Universitäten Passau und an der Pariser Sorbonne studiert.
Aktuell hat er die Website SinndesLebens24.de gestartet, ein Online-Magazin für Philosophie, Glück und Motivation, und ist auf der Suche nach neuen Herausforderungen.



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