In vielen Ratgebern werden die typischen Phasen eines Vorstellungsgespräches durchdekliniert. Am Ende jedoch kommt es immer anders. Denn Ihre Gesprächspartner – egal ob Personalleiter, Fachleiter, Headhunter etc. – agieren individuell und lassen sich nicht auf ein Drehbuch festlegen. Umso wichtiger ist es, dass Sie nicht als Schauspieler auftreten, sondern selbstbewusst und in Übereinstimmung mit Ihren Stärken und Zielvorstellungen.
Wenn Sie rhetorisch sattelfest sind und im Gespräch das richtige Maß an Selbstsicherheit besitzen, dann werden Sie keine Probleme bei Bewerbungsgesprächen haben. Just do it! Wenn Sie hingegen das Lampenfieber packt und Sie schon beim bloßen Gedanken an das Vorstellungsgespräch nervös werden, dann stellen Sie sich der Nervosität. Folgen Sie dabei dem Gedanken: „Nur was ich bewusst akzeptiere, kann ich bewusst ablegen.“ Die Gründe für die Aufregung können vielschichtig sein. Im Zusammenhang mit Vorstellungsgesprächen begegnen einem häufig Angst vor Zurückweisung in Verbindung mit Existenzangst („Ich bekomme die Stelle eh nicht“ – „Ich kann meine Familie nicht mehr ernähren“) sowie diffuse Gefühle („Ich weiß eigentlich gar nicht, was ich will.“).
Erzeugen Sie Gelassenheit!
Ein Beispiel aus der Praxis: Die MBA-Abschlussnote eines Projektmanagers war nicht „sehr gut“ sondern „gut“. Im Vorstellungsgespräch wuchs seine Nervosität und Anspannung, als er merkte, dass der potentielle neue Vorgesetzte großen Wert auf Abschlussnoten legt. Warum? Weil er in seinen Augen mit seiner Note versagt hatte. Was ist daran so schlimm? Schlechte Noten bedeuteten seit seiner Kindheit Liebesentzug vom Vater. Als Kind hatte er gelernt, dass sich der Vater nur bei sehr guten Arbeiten über ihn freute. Diese Erziehung hat Nachwirkungen bis hin zu einer gescheiterten Bewerbung eines gestandenen 35-jährigen Managers! Rational gesehen ist es überhaupt kein Problem, wegen einer nicht ganz so exzellenten MBA-Note eine Absage zu erhalten. Dann macht man sich eben auf zum nächsten potentiellen Arbeitgeber, der in der Auswahl seiner Arbeitnehmer andere Prioritäten setzt. Emotional nagt diese Erfahrung zugleich am Selbstbewusstsein und führt zu Verspannungen in der eigenen Gesprächsführung.
Da Sie in der Vorbereitung auf ein Bewerbungsgespräch nicht die Zeit haben mit möglichen emotionalen Blockaden auseinanderzusetzen, gibt es in diesem Fall eine kleine Hilfestellung:
- Malen Sie sich gedanklich so konkret wie möglich aus, was alles passieren könnte, wenn Sie den Job nicht erhalten. Das bereitet Sie innerlich auf alle Eventualität vor und macht Sie ruhiger
- Formulieren Sie für sich stets Lösung zu den Problemen, die Sie auf sich zu kommen sehen. Dadurch können Sie gefestigter in das Gespräch gehen und sind weniger schnell aus der Fassung zu bringen
- Generell gilt: Machen Sie sich nicht zu viele Gedanken über ungelegte Eier. Egal wie das Gespräch ausgeht, Sie werden einen Weg finden, damit umzugehen.
Sie werden mit dieser Methode die Angst zwar nicht völlig auflösen können, aber sie werden es schaffen, sie zu relativieren. Das kann eine gute Basis für ein angstfreies und erfolgreiches Bewerbungsgespräch sein.
Erzeugen Sie Klarheit!
Eine Unternehmensberatung löste einen Geschäftsbereich auf. Eine Beraterin führte darauf mehrere Vorstellungsgespräche mit anderen Firmen. Es war für sie kein Problem, auf Basis ihrer Bewerbungsunterlagen und ihres Lebenslaufs eingeladen zu werden. Doch sie bekam jedes Mal eine Absage nach der Vorstellung. Dies führte bei ihr zu der Frage: „Weiß ich überhaupt, was ich will?“ – Ihre eigene Antwort war darauf: „Nein!“
Sie können davon ausgehen, dass sensible Personaler im Gespräch dieses Dilemma wie Spürhunde wahrnehmen. Und dann ist es zu spät für Sie! Leider bekommen Sie dies selten von Ihren Gesprächspartnern gesagt. Verständlich, denn ihre Aufgabe besteht darin eine Position optimal zu besetzen und nicht, die Kandidaten über eigene Unschlüssigkeit aufzuklären.
Es ist ein Teufelskreis, denn wer nicht weiß, was er will, wird niemanden von sich und seinen Stärken überzeugen. Diesen Kreis können nur Sie selber durchbrechen. Nehmen Sie sich eine Auszeit (ein Wochenende, ein Monat, ein Jahr) und achten Sie auf Ihre Gefühle, hören Sie auf Ihre Wünsche („Ich wollte schon immer einmal …“) und definieren Sie aus den gewonnenen Erfahrungen im Anschluss Ihre Ziele. Um Ihre Ziele realistisch in einem Vorstellungsgespräch umsetzen zu können, müssen Sie diese in Einklang mit Ihren persönlichen Stärken bringen.
Erfolgreiche Vorstellungsgespräche
Definieren Sie „erfolgreich sein“ bitte einmal rein egoistisch für sich selbst. Wenn Sie einen neuen Job bekommen und den gewünschten Karriereaufstieg geschafft haben, dann war ihre persönliche Bewerbung erfolgreich. Wenn Sie die Position nicht erhalten haben, dann waren Sie eventuell ebenfalls erfolgreich, denn Sie haben keinen Job angenommen, der nicht zu Ihnen passt bzw. der Ihre Stärken nicht zur Entfaltung bringen kann. Vergegenwärtigen Sie sich immer, dass Sie in einem Vorstellungsgespräch sich nicht ausschließlich selbst präsentieren, sondern dass auch der neue Chef und Personaler des Unternehmens mit ihren eigenen Vorstellungen und Wünschen daran teilnehmen.
Ich wünsche Ihnen Gespräche, die beide Seiten als erfolgreich empfinden und die das Unternehmen sowie Ihre Karriere nachhaltig stärken.
Coach & Karriereberater in München