Pling. Schon wieder eine neue Mail. Ihr Postfach läuft über. Vor Mails, mit denen Sie thematisch nichts zu tun haben. Unkontrolliert versandte Mails sind digitale Nervensägen und Zeitfresser. Denen Sie langfristig nur mit einem Kulturwandel effektiv begegnen können. Damit in Zukunft wichtige Entscheidungen nicht mehr auf die lange Bank geschoben werden. Und Sie weniger Stress haben.

Braucht Ihr Postfach morgens 5 Minuten, bis es sich widerwillig öffnet? Wir haben die besten Tipps, wie Sie die Mailflut eindämmen.
Ein überquellendes Mail-Postfach ist nicht unbedingt ein Zeichen für effiziente Kommunikation innerhalb eines Unternehmens. Wer in Konzernen gearbeitet hat oder arbeitet, kennt dieses Phänomen nur zu gut: Sie schreiben eine Entscheidungsvorlage zu einem Thema, das dringlich und wichtig ist. Und dann beginnt er – der Abstimmungsmarathon via Mail. Oftmals an einen Verteiler, der umfangreicher ist als Ihr Text selbst. Wie Sie Ihr Kommunikationsverhalten via Mail eindeutig verbessern können, verrät Ihnen der Münchner Organisationsexperte Hartmut Wiehle. Er behauptet: „Kommunikationsverhalten ist ein Kulturthema. Ebenso wie das Entscheidungsverhalten.“
Unternehmenskulturen: Der Klassiker
In Unternehmen, die von hierarchischen Strukturen, strengen Regeln und strikter Ordnung geprägt sind, ist die Kommunikation vor allem von einem ausgeprägten Fehlervermeidungsverhalten geprägt. „Mitarbeiter treffen ihre Entscheidungen daher lieber spät. Nachdem sie alle Argumente gründlich abgewogen und diverse Gutachten eingeholt haben“, erklärt Hartmut Wiehle. „Noch lieber allerdings überlassen Mitarbeiter die Entscheidungen gleich dem Chef. Doch der hat dann das gleiche Problem – die Informationen reichen ihm nicht aus, er hat selber Angst Fehler zu machen. Entscheiden unter Unsicherheit, Unklarheit oder zwiespältigen Rahmenbedingungen findet damit häufig nicht statt.“
Das Medium E-Mail verstärkt dieses ausweichende Kommunikationsverhalten noch. Denn die Mitarbeiter in diesen Organisationen wissen: „Ich kann ganz schnell an ganz viele Kollegen schreiben. Und das cc ist ja auch ganz praktisch, denn man (zer)streut seine Unsicherheit direkten Sinne des Wortes.“
Die vordergründige Lösung für die Mailflut
Natürlich können Sie klare Regeln für die unternehmensinterne „Kommunikation per E-Mail“ ins Leben rufen – aber genau das passt in die klassische Unternehmenskultur. Regeln, Strukturen und Ordnungen sind eine sich selbst erfüllende Prophezeiung und erfreuen sich größter Beliebtheit. Die Sache hat nur einen Haken: So ein Regelwerk muss überwacht werden. „Nach meiner Erfahrung scheitern diese Regeln zur Mailkommunikation zwar meist erst in der Praxis. Dann aber gründlich“, berichtet Wiehle.
Über den Tellerrand blicken
Kein Wunder, denn die neue Arbeitswelt mit ihrem Verdrängungswettbewerb, ihrem hohen Tempo und ihrer rasanten Entwicklung verlangt in Unternehmen nach neuen Fähigkeiten, die sich in einer neuen Art der Kommunikation widerspiegeln sollten. Es geht darum, Verantwortung zu bündeln, klare und schnelle Entscheidungen herbeizuführen, Transparenz zu schaffen. „Eine Unternehmenskultur, die so tickt, schreibt weniger Mails – und sie trifft auch schneller Entscheidungen“, weiß Führungskräftecoach Wiehle. „Der eigentliche Weg dorthin ist die Transformation einer Organisation in kleinen Schritten bzw. in ihren kleineren Organisationseinheiten. Und genau hier können große Unternehmen von kleineren lernen.“
Der richtige Weg zur Mailkultur
Finden Sie Teams in Ihrem Unternehmen, die dem Soll-Modell schon nahekommen und arbeiten Sie als Führungskraft mit diesen ganz bewusst und gemeinsam am Kommunikations- und Entscheidungsverhalten. „Überdenken Sie dann auch die Tool-Welt“, rät Wiehle. „Wikis dokumentieren Sachverhalte und Entscheidungsvorbereitungen viele besser als Mails, die kreuz und quer gehen. Sie fassen nämlich den Sachverhalt und alle Beiträge an einer Stelle zusammen.“
So arbeiten Sie mit Ihrem Team
- Schaffen Sie Klarheit über Auftrag und die Verantwortung
- Etablieren Sie Kommunikationsregeln, die intern verbindlich, extern angestrebt sind
- Regelmäßig Feedback einholen – und geben
- Definieren Sie Entscheidungstechniken bzw. -vorgehen
Sie werden schnell merken: Ihr Erfolg macht die Runde und Sie übertragen Ihren Erfolg auf weitere Einheiten. Denn jeder möchte weniger Mails, weniger Stress und mehr Tempo. Vergessen Sie nie: Entscheiden ist ein Prozess von Menschen miteinander und nicht das Versenden von Mailketten!
Über den Autor
Jörg Peter Urbach ist Autor, Redakteur und Blogger aus Sprachleidenschaft. Seit mehr als 25 Jahren schreibt er. Für Print und Online. Konzepte. Geschichten. Fachartikel. Als langjähriger Chefredakteur des Portals wissen.de und des Brockhaus Digital weiß er, wie man Leser begeistert und Themen findet. Sein Portfolio finden Sie unter
UrbacH – text. und kommunikation.
Wenn der gebürtige Kieler nicht schreibt, durchwandert und fotografiert er die Alpen. Oder lauscht der Oper. Mit Achtsamkeit.