Sie haben ein schwarzes Schaf in Ihrem Team? Einen echten Low Performer, dessen rapiden Leistungsabfall Sie nicht erklären können? Sollten sie aber, denn Sie sind die Führungskraft. Vielleicht hat sogar ihr eigenes Versagen als Chef zu dieser Entwicklung beigetragen. Jetzt sind Sie gefordert – hinterfragen Sie sich selbst und führen Sie Ihre Mitarbeiter mit Fingerspitzengefühl und Fachkenntnis wieder auf den Pfad der Tugend.

Egal, ob der Chef schimpft oder nicht, manche Teammitglieder verfehlen ihre Ziele regelmäßig. Doch ist das deren Schuld – oder ist hier etwas in puncto Führung falsch gelaufen?
Low Performer im eigenen Team können ein Indiz dafür sein kann, dass unter Ihrer Führung einiges falsch gelaufen ist. Low oder gar No Performer sind in den Augen von Susanne Ambros, Partner bei der HR factory, jene „Team-Mitglieder, die trotz guter Rahmenbedingungen die vereinbarten Arbeitsergebnisse regelmäßig nicht erreichen können.“ Aber wie identifizieren Sie als Führungskraft einen Low Performer? Ambros erläutert: „In der Regel können Sie bereits vor der Zielerreichung recht gut einschätzen, welche Leistung ein Teammitglied einbringt. Diese Erkenntnis kann sich ableiten aus
- Vergleichswerten anderer Teammitglieder
- Zwischenständen aus regelmäßigen Update-Gespräche
- Rückmeldungen von Kunden oder anderen Stakeholdern
- Eigenen Erfahrungen mit den delegierten Aufgaben
Mit minimaler Kraft voraus
Mitarbeiter mit unterdurchschnittlichen Leistungen zeichnen sich durch unterschiedliche Verhaltensweisen aus. Manchmal ziehen sich die Kollegen ins Schneckenhaus zurück und entziehen sich somit sprichwörtlich einer Situation, in der ihre Leistung konkret sichtbar wird. Es gibt aber auch Mitarbeiter, die extrem busy und engagiert wirken und überall mit von der Partie sind – die aber trotzdem (oder genau deswegen!) die erwartete Leistung „nicht auf die Straße“ bringen.
In zwei Schritten aus der Sackgasse
Als Führungskraft ist es Ihre erste Pflicht, einen guten Kontakt mit offener und wertschätzender Kommunikation mit Ihren Mitarbeitern zu pflegen. Verschließen Sie sich nicht dem Gedanken, dass auch Sie (mit)verantwortlich für das Leistungstief Ihres Mitarbeiters sein könnte. Expertin Susanne Ambros empfiehlt folgendes Vorgehen:
Schritt 1 – die Führungskraft
Reflektieren Sie Ihre Rolle im Prozess – und zwar dauerhaft!
- Waren die Aufgaben korrekt delegiert und lagen alle Informationen vor?
- Ist das Ziel überhaupt erreichbar?
- Sind die Rahmenbedingungen angemessen?
- Hat der Mitarbeiter die nötigen Kompetenzen?
- Welchen Druck habe ich aufgebaut?
Gehen Sie achtsam mit Ihrer Wahrnehmung der Leistung des Mitarbeiters um
- Habe ich den Mitarbeiter bereits in eine Schublade gesteckt?
- Welche umgebenden Beziehungen oder Situationen beeinflussen mein Bild der Leistung?
- Gibt es vielleicht eine persönliche Abneigung, die mit der Leistung nichts zu tun hat?
Schritt 2 – der Mitarbeiter
Nehmen Sie den Mitarbeiter und seine persönliche Situation wahr.
- Welche fachlichen oder persönlichen Situationen könnten seine Leistungsfähigkeit beeinträchtigen?
- Welche Motivations- und Antriebskräfte wirken bei dem Mitarbeiter?
- Fühlt er sich in der Teamsituation/Kundensituation wohl?
- Gibt es gesundheitliche Einschränkungen?
Ein persönliches Gespräch in einer angenehmen Umgebung sollte über alle diese Fragen Aufschluss geben. Verzichten Sie auf eine Vorverurteilung, sondern lassen Sie sich offen und selbstkritisch auf die Situation ein.
Unterstützung einholen
Binden Sie die HR-Abteilung spätestens dann ein, wenn Sie die Analyse vollzogen und einen Low Performer identifiziert haben. Eventuell können auch klassische HR-Maßnahmen wie Fortbildungen, ein Rollen- oder Positionswechsel dazu beitragen, den Mitarbeiter zurück in die Leistungszone zu führen.
Vom Kontrolleur zum Partner
Die Vergleichbarkeit von Mitarbeitern ist natürlich eine heikle Angelegenheit, da Menschen in erster Linie Individuen sind. Von daher kann insbesondere eine offene Unternehmenskultur in erheblichem Umfang etwa dazu beitragen, Ziele gemeinsam zu definieren und darüber hinaus ein Verständnis zu gewinnen, wie diese Ziele erreicht werden. HR-Expertin Ambros hat – auch in der eigenen Firma hr-factory – ausgezeichnete Erfahrungen mit der ROWE-Methode gemacht. Bei der Personalführungsstrategie Results-Only Work Environment wird die Leistung (und damit die Bezahlung) eines Mitarbeiters nicht an seiner Arbeitszeit, sondern an den Arbeitsergebnissen gemessen. Dahinter verbirgt sich eine gehörige Portion Freiheit für Team und Führungskraft: „In a ROWE, workers can work wherever, whenever, and however they choose to, as long as they achieve their results.“
Susanne Ambros benennt die Vorteile für beide Seiten: „Als Führungskraft können Sie sich vom ‚Kontrolleur’ zum Partner und Coach für Ihr Team weiterentwickeln. Sie legen gemeinsam Arbeitsergebnisse fest, begleiten und coachen Ihre Mitarbeiter auf dem Weg dorthin. Am Ende liegt die Zielerreichung dann eindeutig und klar auf der Hand bzw. sind die Hindernisse, die auf dem Weg lagen, klar benannt und im Idealfall das zu erreichende Arbeitsergebnis angepasst.“
Über den Autor
Jörg Peter Urbach ist Autor, Redakteur und Blogger aus Sprachleidenschaft. Seit mehr als 25 Jahren schreibt er. Für Print und Online. Konzepte. Geschichten. Fachartikel. Als langjähriger Chefredakteur des Portals wissen.de und des Brockhaus Digital weiß er, wie man Leser begeistert und Themen findet. Sein Portfolio finden Sie unter
UrbacH – text. und kommunikation.
Wenn der gebürtige Kieler nicht schreibt, durchwandert und fotografiert er die Alpen. Oder lauscht der Oper. Mit Achtsamkeit.