„The early bird catches the worm (deutsch: „Der frühe Vogel fängt den Wurm“): Dieses Motto gilt im amerikanischen Top-Management bereits seit längerem als Erfolgsformel. Jetzt scheint sich die Manager-Mode aus den USA zunehmend auch in deutschen Chefetagen und Führungsriegen zu etablieren. Zahlreiche Studien und immer mehr prominente Beispiele belegen, dass Frühaufsteher im Geschäftsleben erfolgreicher sind als Langschläfer: sie sind disziplinierter, aktiver, verfügen über ein höheres Leistungsvermögen und Verantwortungsgefühl. Gleichzeitig sind die „Early Birds“ meist entspannter und führen ein gesünderes Leben. Was ihr Erfolgsgeheimnis ist und wie Sie davon profitieren können, lesen Sie hier.
Apple-Chef Tim Cook startet seinen Tag um 3:45 Uhr. Er checkt seine E-Mails, um den zeitlichen Vorsprung der Mitarbeiter an der US-Ostküste aufzuholen, dann geht er ins Fitnessstudio. Bei AOL-Boss Tim Armstrong klingelt der Wecker um 5 Uhr, er treibt Sport und nimmt sich Zeit für seine Tochter. Eine halbe Stunde später beginnt Twitter-Mitgründer Jack Dorsey seinen Tag mit Joggen und Meditieren. Für Virgin-Gründer Richard Branson ist selbst im Urlaub auf seiner Privatinsel um 5:45 Uhr die Nacht zu Ende, er treibt Sport und frühstückt in Ruhe.
Stimmt tatsächlich: Morgenstund hat Gold im Mund
Viele Top Manager, erfolgreiche Unternehmer und Prominente stehen bereits zwischen vier und fünf Uhr morgens auf, während sich der Durchschnittsbürger noch im Tiefschlaf befindet. Wie nutzen sie diesen Zeitvorsprung? Bereits einige Stunden vor Beginn des eigentlichen Arbeitstages planen sie den Tagesablauf, checken und beantworten E-Mails, oder gehen bereits komplexe Projekte an. Der Vorteil: das Gehirn ist in den frühen Morgenstunden produktiver, die Konzentration höher. Es gibt weniger Ablenkung und man kann fokussierter arbeiten.
Mehr Zeit für Sport und Familie
Außerdem treiben viele Early Birds Sport, bringen Körper und Kreislauf in Schwung, lesen Zeitung um gut informiert zu sein und verbringen Zeit mit der Familie bei einem ausgiebigen Frühstück. Wer möglichst früh den Tag beginnt und erste Dinge erledigt, kann seine Erfolgsaussichten deutlich erhöhen, zeigen wissenschaftliche Untersuchungen. Wer dagegen so lange wie möglich schläft, um dann plötzlich stressig in den Tag zu starten, aus Zeitmangel ohne Frühstück das Haus verlässt und kurz vor neun abgehetzt im Büro erscheint, hat das Nachsehen.
Auch in Deutschlands Chefetagen wird früh aufgestanden.
Babynahrungs-Hersteller Claus Hipp beginnt seinen Tag um 4:30 Uhr und nutzt die Zeit für ein besonderes Ritual: Jeden Morgen besucht er eine nahegelegene Kapelle zu innerer Einkehr. Bahnchef Rüdiger Grube steht um 5:30 Uhr auf und joggt gerne. Sport steht auch bei Trigema-Chef Wolfgang Grupp auf dem morgendlichen Programm. Vor dem gemeinsamen Frühstück mit der Familie schwimmt er 400 Meter im eigenen Pool. Gemeinsam ist den Early Birds die Liebe zum Job. Sie finden das Leben einfach zu aufregend, um es zu verschlafen.
„Lerchen“ haben bessere Karrierechancen als „Eulen“
Dass Abendtypen auf allen Kontinenten schlechtere akademische Leistungen erbringen als Frühaufsteher, hat eine Gemeinschaftsstudie der Universität Bologna und der Pädagogischen Hochschule Heidelberg ergeben. Dabei haben die Forscher weltweit alle Studien zu dem Thema gesichtet und einer Meta-Analyse unterzogen, erklärt der Biologe Christoph Randler, Professor an der Pädagogischen Hochschule in Heidelberg.
Als Abendtypen („Eulen“) bezeichnet Randler Menschen, die ihre höchste Leistungsfähigkeit gegen Nachmittag oder Abend aufweisen. Dagegen erreichen Frühaufsteher („Lerchen“) bereits morgens schnell ihr Leistungshoch. Sein Fazit: Frühaufsteher haben bessere Aussicht auf eine erfolgreiche Karriere, weil sie proaktiver sind als Menschen, die erst am Abend zur Höchstform auflaufen. Auch die „Eulen“ haben ihre Vorteile, sie haben einen besseren Sinn für Humor, sind smarter und kreativer als die „Lerchen“. Doch unterm Strich führt die Proaktivität der Early Birds zu größerem beruflichen Erfolg und damit auch zu höheren Gehältern.
Morgenmenschen punkten mit Effektivität im Job
Weitere spannende Erkenntnisse liefert eine Studie von Ingenieur Jens-Michael Potthast vom Institut für Integrierte Produktion Hannover, die erstmals biorhythmusbedingte Unterschiede zwischen Morgen- und Abendmenschen nachgewiesen hat. Bekannt ist, dass sich die Leistungsfähigkeit eines Menschen im Tagesverlauf verändert.
Dabei hängen die Schwankungen stark vom Typ ab: Morgenmenschen sind in den frühen Stunden des Tages besonders aktiv und leistungsfähig. Abendmenschen hingegen laufen erst in späteren Stunden zur Höchstform auf. So weit so gut. Potthast fand jedoch heraus, dass die Leistungshochs und -tiefs der Morgen- und Abendmenschen unterschiedlich stark ausgeprägt sind.
Sein Fazit: Morgenmenschen zeigen über den gesamten Tag hinweg deutlich konstantere Leistungen auf. Dagegen schwankt die Leistung der Abendmenschen wesentlich stärker und erreicht in der Nacht ihren Tiefpunkt.
Fazit: Earlybirds haben mehr vom Leben
Morgenstund hat Gold im Mund – diese Weisheit haben immer mehr Top-Manager für sich entdeckt. Ob Sport, entspanntes Frühstück, Quality Time mit der Familie, Zeitungslektüre, E-Mails checken, Tagesplanung aufstellen oder bereits erste Projekte auf den Weg bringen – der frühe Start in den Tag hat viele Vorteile.
Glücklich sind diejenigen, die als Morgenmenschen auf die Welt gekommen sind und so lediglich ihrer natürlichen Veranlagung entsprechen. Nachtmenschen dürfte es nicht leicht fallen, ihren Biorhythmus umzustellen. Doch die Nacht muss ja nicht gleich wie bei Tim Cook um 3:45 zu Ende sein. Ein Weckruf um viertel vor sechs wie bei Richard Branson dürfte auch für „Eulen“ ein realistisches Ziel sein.
Über den Autor:
Der Wirtschafts- und Finanzjournalist Markus Hofelich lebt mit seiner Familie im Süden von München. Seine journalistische Erfahrung sammelte er als Redaktionsleiter beim DIV Deutscher Industrieverlag, als stellvertretender Chefredakteur von Cash. sowie als Chefredakteur des Wirtschaftsmagazins „Unternehmeredition“ der GoingPublic Media AG. Markus Hofelich ist Diplom-Kulturwirt und hat an den Universitäten Passau und an der Pariser Sorbonne studiert. Aktuell hat er die Website SinndesLebens24.de gestartet, ein Online-Magazin für Philosophie, Glück und Motivation, und ist auf der Suche nach neuen Herausforderungen.